Auszüge aus dem Leitbild: Lernen im Digitalen Wandel – Unser Leitbild 2020 für Bildung in Zeiten der Digitalisierung der Landesregierung Nordrhein-Westfalen
1. Wozu wir lernen: gestern – heute – morgen
Bildung ist nicht nur eine Aufgabe. Bildung ist ein Wert. Der Staat und alle am Bildungssystem beteiligten Akteure haben den Auftrag, diesen Wert allen Bürgerinnen und Bürgern bestmöglich zu vermitteln. Und zwar in Form von Wissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten, die notwendig sind, um ein selbstbestimmtes Leben führen, aktiv an der demokratischen Gesellschaft teilhaben und ein erfülltes Berufsleben gestalten zu können.
Bestmögliche Bildung für alle ist die zentrale Voraussetzung dafür, um jedem Mensch auf seinem Lebensweg die gleichen Chancen zu bieten und damit eine gerechte Grundlage für unser Zusammenleben zu schaffen.
An diesen Zielen der Bildungspolitik hat sich bis heute nichts geändert. Sie galten gestern, sie gelten heute und sie werden auch morgen noch gelten.
Was sich jedoch ändert ist das Wissen, sind die Fähigkeiten und Fertigkeiten, die jeweils erforderlich sind, um in der gegenwärtigen, aber insbesondere in der zukünftigen Welt bestehen zu können.
Mit dem Einzug der Digitalisierung in unsere Lebens- und Arbeitswelt haben sich die Anforderungen an Bildung ohne jeden Zweifel verändert. Neue Berufsbilder sind entstanden, Geschäftsmodelle, Produktionsprozesse, Kommunikationsformen, Infrastrukturen. All das hat Auswirkungen darauf, was und wie wir lernen. Und es lenkt zwangsläufig auch den Blick darauf, wozu wir lernen.
Durch die Digitalisierung herrscht Bedarf an entsprechend qualifizierten Fachkräften. Das gilt sowohl für das produzierende Gewerbe als auch im Dienstleistungssektor. Mit zunehmender Verbreitung digitaler Erzeugnisse in unserem Alltag und der Steigerung ihrer gesellschaftlichen Relevanz wird allerdings auch grundlegendes Wissen über die neuen Technologien mehr und mehr zum Allgemeingut. Darauf müssen alle Schülerinnen und Schüler, Auszubildende, Studierende, aber auch die arbeitende Bevölkerung bestmöglich vorbereitet werden. Und zwar mit folgenden Zielen:
- Zur Entwicklung ihrer Beschäftigungsfähigkeit und damit ihrer Teilhabechancen am Arbeitsmarkt.
- Zur Steigerung der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit im Hinblick auch auf eine ökonomisch erfolgreiche Gestaltung des digitalen Wandels, bei der die Grundsätze von „guter und fairer Arbeit“ berücksichtigt werden.
- Zur sozialen Teilhabe an einer digitalisierten Welt und damit zur Vermeidung einer digitalen Spaltung, damit eine individuelle Selbstbestimmung und ein sozialer Zusammenhalt in unsere Gesellschaft gewährleistet bleiben. Das gilt insbesondere auch für benachteiligte Gruppen, z.B. Menschen mit Behinderungen oder in schwieriger wirtschaftlicher und/oder sozialer Lage.
Das bedeutet jedoch nicht, dass vermeintlich „altes“ Wissen bzw. Fähigkeiten und Fertigkeiten ausnahmslos verfallen. Ganz im Gegenteil. In Zeiten zunehmender Komplexität, Individualisierung und Gleichzeitigkeit ist eine solide Grund- und Allgemeinbildung weiterhin die Voraussetzung aller Lernprozesse.
Das Lernen im Digitalen Wandel steht damit vor zwei Herausforderungen: Es muss auf der einen Seite neues Wissen über digitale Technologien und Zusammenhänge vermitteln und auf der anderen Seite bekannte bzw. bestehende Inhalte in einen neuen Kontext stellen. Das erhöht die Anforderungen an die Lehrenden wie auch an die Lernenden. Gleichzeitig bietet sich aber auch die Chance, die Qualität von Lernen, Lehre und Ausbildung zu verbessern – durch neue Lernformen und Lehrmethoden, die zu mehr Diversität in unserem Bildungssystem und mehr Chancengleichheit führen. Mit digitalen Medien können wir individuelle Förderung und inklusive Bildungssettings unterstützen, um damit mehr erfolgreiche Bildungsabschlüsse zu erreichen und Abbrecherquoten zu senken. Digitalisierung in der Bildung wird einen Beitrag leisten zu unserem Ziel, in NRW kein Kind zurückzulassen.
2. Lernen in der digitalen Welt – was wir können müssen und wie wir es erlernen
Digitale Schlüsselkompetenzen
Der digitale Wandel wird dazu führen, dass mehr „digitale Schlüsselkompetenzen“ und Querschnittsqualifikationen für das Leben, Lernen und Arbeiten in der digitalen Welt entlang des gesamten Bildungsweges und in allen Fächern erworben werden. Diese „digitalen Schlüsselkompetenzen“ werden zu einer neuen vierten Kulturtechnik – neben Schreiben, Lesen, Rechnen. Im Wesentlichen handelt es sich dabei nach derzeitigem Stand um folgende Kompetenzen:
- Medienkompetenz, die eine kritische Urteilsfähigkeit sowie Analyse und Einordnung von vermittelten Inhalten in soziale Zusammenhänge ermöglicht und damit dazu beiträgt, alle Chancen einer digitalisierten Welt nutzen und gleichzeitig mögliche Risiken erkennen und abwenden zu können.
- Anwendungs-Know-how, das für einen selbstständigen und sicheren Umgang mit digitalen Medien und Werkzeugen notwendig ist. Hierzu gehört auch die Kenntnis über technische Gefahren und Risiken, über wirksame Schutzmaßnahmen sowie über Grundlagen der Verschlüsselung.
- Informatische Grundkenntnisse, die für ein basales Verständnis von Algorithmen und deren digitaler Form sowie die Erstellung digitaler Angebote erforderlich sind.
Dazu gehören aber auch die Schlüsselkompetenzen Kreativität, gesellschaftliches Verantwortungsbewusstsein, Denken in Zusammenhängen, inter- und transdisziplinarisches sowie unternehmerisches Denken und Handeln.
Alle diese Fähigkeiten müssen zielgruppenspezifisch, bedarfsgerecht und altersangemessen vermittelt werden – beginnend bei der frühkindlichen Bildung entlang der gesamten Bildungskette bis in die berufliche und allgemeine Weiterbildung.
Zu diesem Zweck setzt das Land für ein „Lernen im Digitalen Wandel“ auf folgende Grundsätze und Maßnahmen:
- Erste Berührungspunkte mit digitalen Medien sollen im Bildungswesen bereits im frühkindlichen Bereich erfolgen. In einer Gesellschaft, die durch die Nutzung vielfältiger Medien geprägt ist, ist die digitalisierte Lebenswirklichkeit von Kindern und Familien eine Tatsache, die es zu begleiten gilt. Dabei ist die Mediennutzung von Kindheit an in der pädagogischen Arbeit verantwortlich zu gestalten. Das bedeutet eine in den pädagogischen Handlungsalltag eingebettete Begleitung der Nutzung und die Thematisierung digitaler Medien, die situativ und nicht allein curricular oder projektbezogen erfolgt. Zu diesem Zweck sind Träger von Einrichtungen, die mit Kindern und Familien arbeiten, gefordert, den Bildungsauftrag entsprechend zu unterstützen und dabei Eltern im Rahmen einer gelingenden Erziehungs- und Bildungspartnerschaft in die Medienbildung aktiv mit einzubeziehen. Die Landesregierung wird hierfür entsprechende Beratungsangebote prüfen.
- Im Unterricht aller Bildungsgänge, Schulstufen und Fächern sollen digitale Aspekte fachlicher Kompetenzen aufgegriffen und dazu in allen künftigen Bildungs- und Lehrplänen verankert werden. Statt den Ansatz eines Pflichtfachs „Informatik“ zu verfolgen, geht es darum, digitale Kompetenzen nicht von den jeweiligen Fachkompetenzen zu trennen, sondern sie als integralen Bestandteil zu begreifen und zu fördern, um eine bestmögliche Kontextualisierung zu ermöglichen. Auch informatische Grundkenntnisse sollen auf diese Weise in den bestehenden Fachunterricht integriert werden. Der Kompetenzrahmen des bereits erfolgreich entwickelten Medienpasses NRW dient hierbei als Orientierungsrahmen.
- Eine besondere Bedeutung für den Erwerb digitaler Schlüsselkompetenzen misst die Landesregierung auch den außerschulischen Lernorten, wie z.B. Einrichtungen der Jugendarbeit, bei. Sie nehmen bei der Vermittlung von informatischem Know-how und der Vermittlung eines kompetenten und kreativen Umgangs mit Medien über Anwendungskompetenz hinaus eine wichtige Rolle ein. Außerschulisches Lernen und informelles Lernen genießt in Nordrhein-Westfalen einen hohen Stellenwert. Allein die „Pädagogische Landkarte“ der Landschaftsverbände weist rund 670 solcher außerschulischen Lernorte aus. Die Landesregierung fördert bereits Maßnahmen und Aktivitäten digitaler Bildung und wird die Förderung im Dialog mit den Akteuren weiterentwickeln. Ein gutes Beispiel hierfür ist die gelungene Einbindung außerschulischer Lernorte im Rahmen des Medienpasses. Ein weiteres Beispiel etwa sind „Hackathons“, wie sie u.a. von der Open Knowledge Foundation als „Jugend hackt“-Reihe erfolgreich durchgeführt werden.
- Der Dialogprozess zur Erstellung dieses Leitbilds hat darüber hinaus gezeigt, dass die Akteure der Medienkompetenzförderung einen wachsenden Bedarf an Vernetzung haben. Die Anbieter und Initiatoren wünschen sich noch mehr Möglichkeiten zum Erfahrungsaustausch auf lokaler, regionaler und überregionaler Ebene, um voneinander zu lernen, neue Spielräume für Kooperationen auszuloten und die jeweiligen Angebote bekannter zu machen. Wichtig ist dabei, nicht alleine die etablierten bzw. klassischen Anbieter und Akteure der Medienkompetenzförderung in den Blick zu nehmen, sondern verstärkt interdisziplinär zu denken und auch Akteure und Institutionen einzubeziehen, die aufgrund des digitalen Wandels neue Bezugspunkte zur Medienkompetenzförderung entwickeln, beispielsweise im Feld der Hilfen und Angebote für Flüchtlinge. Mit dem von der Landesanstalt für Medien verantworteten Medienpädagogischen Atlas NRW (medienkompetenzportal-nrw.de) verfügt Nordrhein-Westfalen über eine etablierte und verlässliche Orientierungshilfe, die umfassend über medienpädagogische Akteure in NRW und ihre Arbeitsschwerpunkte informiert. Die Landesregierung begrüßt es, dass die Landesanstalt für Medien diesen Wegweiser weiterentwickeln möchte und darüber hinaus verstärkt Netzwerkimpulse setzt, indem sie Kooperationen direkt fördert und Anlässe zu direktem Austausch und Zusammenarbeit organisiert. Die bestmögliche Vernetzung relevanter Akteure ist überdies eine hervorgehobene Querschnittsaufgabe der Förderhilfen der Landesregierung in diesem Feld.
Digitale Lernmittel
Lernen ist ein aktiver und individueller Prozess, in dem fachliche wie überfachliche Kompetenzen erworben werden. Mit der Digitalisierung – insbesondere durch das Internet – ist nicht nur der Zugang zu Wissen und Informationen erleichtert worden, auch die Vielfalt an Lernmitteln hat sich erheblich gesteigert. Digitale Lernmittel haben zudem den Vorteil, auch auf die zunehmend unterschiedlichen Voraussetzungen, Erfahrungen und Interessen der Lernenden eingehen zu können. Mit digitalen Medien kann das Lernen noch aktiver und noch individueller gestaltet werden. Dieser Entwicklung muss auch die Unterrichtsgestaltung Rechnung tragen:
- Die Perspektive des Schulbuches ist digital. Derzeit erprobt das Land bereits modellhaft digitale Schulbücher und wird den Einsatz weiter konsequent fördern.
- Die Qualität und die Vielfalt der Lernmittel wirken sich auch auf die Qualität von Unterricht aus. Die learn:line NRW (www.learnline.schulministerium.nrw.de) bietet bereits jetzt den Zugriff auf über 30.000 frei verfügbare Lernmittel. Damit sichert das Land auf der einen Seite Qualitätsstandards und gibt den Lehrenden auf der anderen Seite zugleich Sicherheit beim rechtlich einwandfreien Einsatz digitaler Lernmittel. Das Angebot freier Lernmittel soll kontinuierlich erhöht werden. Die learn:line NRW wird in das Vorhaben „LOGINEO NRW“, einen virtuellen und geschützten Arbeitsraum im Internet für Lehrerinnen und Lehrer, eingebunden.
- Die Lizenzformen digitaler Lernmittel sollen konsequent auf die Anforderungen des Lehr- und Lernprozesses ausgerichtet sein. Die Vielfalt frei zugänglicher digitaler Medien und Lernangebote bietet allen Kindern und Jugendlichen auch jenseits der Schule Lernmöglichkeiten.
- Digitale Lernmittel ermöglichen zeitlich, räumlich und inhaltlich flexibel gestaltete Studienangebote und öffnen die Hochschulen für neue Zielgruppen. Das Land wird die Entwicklung digitaler Lernkonzepte an den Hochschulen fördern und sichtbar machen und in diesem Zusammenhang mit den Hochschulen in einen Austausch darüber treten, im Studienangebot Aspekte der Digitalen Wirtschaft oder des Coding verstärkt zu verankern.
- Die Landesregierung wird zudem die Ansätze zur Unterstützung von Lernprozessen und beim Zugang zur beruflichen Weiterbildung durch Onlineberatung weiter ausbauen.
Fachkräfteaus- und Weiterbildung im digitalen Wandel
Digitale Qualifikationen sind zukünftig der zentrale Innovationstreiber v.a. für unsere kleinen und mittleren Betriebe (KMU). Der digitale Wandel erfasst daher auch die Inhalte und Formen der Aus- und Weiterbildung. Er erfordert die Modernisierung von Berufen und Weiterbildungsangeboten. Sie müssen mit Blick auf die betrieblichen Qualifikations- und Innovationsbedarfe und den technischen Fortschritt überarbeitet, angepasst und weiterentwickelt werden. Berufskollegs, Betriebe, überbetriebliche Ausbildungsstätten und berufliche Weiterbildungsanbieter fördern adressatengerecht berufsspezifische und berufsübergreifende Kompetenzen im Umgang mit digitalen Medien, Geräten und Maschinen. Dabei bleibt von zentraler Bedeutung, dass gerade junge Menschen die mit der rasant fortschreitenden Digitalisierung verbundenen Herausforderungen bestmöglich auf der Grundlage einer fundierten, beruflich qualifizierenden Ausbildung bewältigen und sich fortlaufend notwendige Kompetenzen aneignen können. Die Landesregierung wird zur Unterstützung dieser Anpassungsprozesse auf folgende Maßnahmen setzen:
- Wir werden die von der Landesregierung mit den Sozialpartnern gemeinsam initiierte „NRW-Allianz der Wirtschaft und Arbeit 4.0“ nutzen, um die Vermittlung digitaler Schlüsselkompetenzen stärker auch im dualen Berufsausbildungssystem zu verankern.
- Wir werden zusätzlich weitere Lern- und Demonstrationsfabriken für Wirtschaft und Arbeit 4.0-Anwendungen unterstützen, um neue Formen des betrieblichen Lernens und Weiterbildens sowie neue Arbeitsmodelle und digitale Produktionsmethoden zu erproben und zu präsentieren.
- Wir unterstützen die schrittweise Modernisierung bestehender Ausbildungsordnungen und Weiterbildungsverordnungenzusammen mit allen Beteiligten mit Blick auf die Vermittlung digitaler Schlüsselkompetenzen.
- Wir werden die gerade gestarteten „Kompetenzzentren Mittelstand 4.0“ in NRW dazu nutzen, den KMU Hilfe und Anleitung bei der digitalen Weiterbildung zu geben. Darüber hinaus werden wir mit den Hochschulen in einen Austausch darüber treten, Aspekte des E-Entrepreneurships verstärkt in den Weiterbildungsstudiengängen zu verankern.
- Wir werden die technologischen Entwicklungen gezielt für geringqualifizierte Menschen sowie für Menschen mit sprachlichen Barrieren (wie Migranten oder Flüchtlinge) nutzen, um Barrierefreiheit und damit Chancengleichheit im Bereich der Qualifizierung herzustellen. Ein wichtiges Element ist der Ausbau lernförderlicher Rahmenbedingungen am Arbeitsplatz.
- Bereits seit einigen Jahren fördert das Land systematisch das Interesse und die Kenntnisse in den sog. MINT-Fächern. Diese MINT-Nachwuchsförderung zusammen mit Schulen, Hochschulen, Wirtschaft und Kommunen führte zu dem bundesweit dichtesten Netz von regionalen MINT-Netzwerken in Deutschland (Studie der Körber-Stiftung „MINT-Regionen in Deutschland“). Diese erfolgreiche Arbeit wird konsequent fortgeführt. Bereits jetzt hat NRW anteilig bei den sog. MINT-Abschlüssen den höchsten Akademiker-Nachwuchs aller Bundesländer. Wir werden dafür sorgen, dass hochqualifizierte Fachkräfte für den digitalen Wandel auch weiterhin ein Markenzeichen für NRW und ein Wettbewerbsvorteil unserer Wirtschaft bleiben.
Die zunehmende Digitalisierung beinhaltet Herausforderungen und bietet gleichzeitig Chancen für die allgemeine Bildung sowie die berufliche Bildung für die Fachkräfteaus- und Weiterbildung in unserem Land. Vor diesem Hintergrund gilt es, durch das „Lernen im digitalen Wandel“ die Voraussetzungen dafür zu schaffen, weiterhin Innovationskräfte freizusetzen, Fortschrittsfelder zu erschließen und damit gutes Leben und Arbeiten in Nordrhein-Westfalen zu sichern und auszubauen.
3. Lehren in der digitalen Welt – wie sich unsere Bildungseinrichtungen und das Berufsbild der Lehrenden verändern
Das Berufsbild der Lehrenden
Bei zunehmender Vielfalt an digitalen Lernangeboten und -inhalten und der damit verbundenen Komplexität nimmt der Beruf der Lehrenden für die Wissens- und Kompetenzvermittlung in Zukunft eine Schlüsselrolle ein. Um das „Lernen im Digitalen Wandel“ erfolgreich gestalten zu können, sind sie die unverzichtbare Basis.
Neue Wege des Lernens brauchen Weiterentwicklungen im Berufsbild und der Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern, Lehrerinnen und Lehrern sowie Dozentinnen und Dozenten. Lernen im digitalen Wandel erfordert von den diesen eine kontinuierliche Fortbildung. Durch die Entwicklung didaktischer und technischer Lösungen für das Lehren und Lernen in der digitalen Welt sowie durch bildungswissenschaftliche Forschung sind die Hochschulen dabei zentrale Innovationstreiber in der Digitalisierung.
Das Land unterstützt und fördert diese Veränderungsprozesse. Aus-und Fortbildungen werden systematisch auf die Anforderungen in der digitalen Welt ausgerichtet:
- Medienbildung muss integraler Bestandteil der Aus-, Fort- und Weiterbildung pädagogischer Kräfte sein. Das Land wird mit den Trägern der Kitas, der außerschulischen Jugendarbeit, der Familienbildung und Erziehungsberatungsstellen hierzu notwendige Weiterentwicklungen besprechen.
- Das neue Lehrerausbildungsgesetz legt die Grundlage für eine entsprechende Reform der Lehrerausbildung. Mit der Novellierung des Gesetzes geht eine verbindliche Schwerpunktsetzung in der Medienpädagogik und der Vermittlung von Medienkompetenz einher. In der Lehrerfortbildung wird das Fortbildungsprogramm „Lernmittel- und Medienberatung“ flächendeckend in NRW angeboten.
- An den Hochschulen unterstützt das Land das Netzwerk E-Learning NRW sowie das Verbundprojekt E-Assessment NRW, um auch hier innovative Formen des digitalen Lernens und Arbeitens weiter zu verbreitern. Mit dem Programm „Digitale Hochschule NRW“ werden das Land und die Hochschulen entlang konkreter Initiativen in Lehre und Forschung, sowie bei Infrastrukturen die Digitalisierung an den Hochschulen gemeinsam vorantreiben.
- Die Akteure der beruflichen Aus- und Weiterbildung werden dabei unterstützt, neue Möglichkeiten der Lernortkooperation beispielsweise durch die Nutzung von Clouds zu entwickeln.
- Die Digitalisierung bietet die Chance, mit neuen Formaten bestehende Zielgruppen der gemeinwohlorientierten Weiterbildung als auch neue Zielgruppen vielfältiger und adressatengerechter anzusprechen. Der verstärkte Einsatz digitaler Medien stellt neue Anforderungen an die Professionalisierung der Lehrkräfte der Weiterbildung. Die Supportstelle Weiterbildung bei der Qualitäts- und Unterstützungsagentur unterstützt konzeptionell und durch Fortbildungsangebote Lehrende in der gemeinwohlorientierten Weiterbildung darin, ihre Kompetenz im Umgang mit neuen (digitalen) Formaten in der Weiterbildung weiter zu entwickeln und zu stärken.
- Das Land wird sich aktiv in die Diskussion über die Fortentwicklung der rechtlichen Rahmenbedingungen für die Digitalisierung einbringen.
Lernort „Schule“ im digitalen Wandel
Alle Bildungseinrichtungen können sich in der digitalen Welt besser organisieren, ihre Arbeit und ihren Unterricht besser planen und gestalten. Lehrkräfte haben einfachere Möglichkeiten des Austausches, der Zusammenarbeit und der Abstimmung im Team. Die Nutzung dieser Vorteile erfordert aber auch eine Weiterentwicklung unserer „Lern- und Schulkultur“, mehr Kooperation, Austausch und Beratung zwischen Schülerinnen und Schülern, Lehrkräften, Eltern und außerschulischen Partnern.
Was wir über das Lernen mit digitalen Medien wissen, wissen wir auch aus der Pionierarbeit einzelner Lehrkräfte, die sich auf den Weg gemacht haben. Innovative Entwicklungen brauchen immer auch Menschen, die sich trauen, innovative Ideen umzusetzen. Lehrkräfte sollen daher ausdrücklich dazu ermutigt werden, neue Projekte zu initiieren und auszuprobieren.
Lernen mit digitalen Medien führt zu neuen Unterrichtssituationen, die sowohl für Schülerinnen und Schülern als auch für die Lehrenden mehr Selbstständigkeit und mehr Eigenverantwortung bedeuten.
Gemeinsam können die Chancen der Digitalisierung besser genutzt werden. Kollegiale Beratung, eine gute Austauschkultur, engere Lernortkooperation und klare Regelungen in der Schule fördern die Schulentwicklung im digitalen Wandel.
Klare Regelungen muss es auch beim Einsatz digitaler Medien im Unterricht bzw. der Erziehungsarbeit geben. Künftig soll gelten: Kein Einsatz mehr ohne ein entsprechendes Medienkonzept! Dabei ist jede Bildungseinrichtung in der Gestaltung ihrer Medienkonzepte frei. Die Schulen in NRW werden bei der Weiterentwicklung ihrer Medienkonzepte bedarfsgerecht unterstützt, hierzu verdoppelt die Landesregierung zum Schuljahr 2016/17 die Zahl der Stellen für Medienberaterinnen und Medienberater.
4. Die Grundlage: Digitale Infrastruktur in allen Bildungs- und Qualifizierungseinrichtungen
Die Verfügbarkeit von breitbandiger digitaler Infrastruktur ist die notwendige und unverzichtbare Grundlage für digitales Lernen. Der laufende Ausbau dieser digitalen Infrastruktur ist gleichzeitig angesichts von ca. 10.000 Kitas, über 6.000 Schulen, 37 Hochschulen in Trägerschaft des Landes und 460 gemeinwohlorientierten Weiterbildungseinrichtungen in NRW eine Mammutaufgabe, die in gemeinsamer Verantwortung von Bund, Land und Kommunen und freien Trägern umgesetzt werden muss. Einmal mehr erweist sich hier das Kooperationsverbot mehr als hinderlich bei der notwendigen Ausstattung von Bildungseinrichtungen.
Die Kooperation mit der Wirtschaft und den Eltern tritt ergänzend hinzu, darf die öffentliche Verantwortung aber nicht ersetzen.
- Schulen ans Breitbandnetz: Beim landesweiten Breitbandausbau mit mindestens 50 Mbits/s bis zum Jahr 2018 werden die Bildungseinrichtungen einbezogen. Das Land sichert die Kofinanzierung der Bundesförderung hierzu und wird bei der Antragsberatung der Kreise und Kommunen darauf achten, dass Schulen Teil der Planungen sind.
- Mit dem Programm „Gute Schule 2020“ stellen wir den Kommunen als Schulträger insgesamt 2 Milliarden Euro in den kommenden 4 Jahren zur Verfügung. Sie erhalten damit zusätzlich die Mittel für die notwendige Modernisierung und Instandsetzung schulischer Gebäude und Infrastruktur und können so auf die Herausforderung des Lernens im digitalen Wandel reagieren.
- Die Ausstattung mit digitaler Infrastruktur kann durch persönliche Geräte der Schülerinnen und Schüler (Smartphones, Tablets etc.) ergänzt werden, sofern ein Medienkonzept der Schule das ermöglicht, dass die Teilhabe aller Schülerinnen und Schüler sichergestellt ist. Die konkreten Erfahrungen damit werden in den nächsten vier Jahren systematisch evaluiert und hinsichtlich zukünftiger Konzepte ausgewertet.
- Das Land investiert von 2016 bis 2019 in den digitalen Ausbau an den 33 Zentren für schulpraktische Lehrerausbildung.
- LOGINEO NRW geht im Schuljahr 2016/17 auf Antrag der einzelnen Schulen in den Regelbetrieb. Die Schulen erhalten damit flächendeckend einen geschützten und den Anforderungen der IT-Sicherheit und des Datenschutzes entsprechenden virtuellen Arbeitsraum im Internet. Damit besteht die systematische Möglichkeit digitale Lernmittel an Logineo NRW anzuschließen, wenn sie den hohen Anforderungen der IT-Sicherheit und des Datenschutzes entsprechen.
- In der dualen Berufsausbildung werden wir gemeinsam mit unseren Partnern die Kofinanzierung bereitstellen, um die vorhandenen Bundesmittel für digitale Infrastruktur in den überbetrieblichen Ausbildungsstätten nutzen zu können.
- Mit der Plattform „Digitale Hochschule NRW“ hebt NRW die hochschulbezogenen Digitalisierungs-Aktivitäten auf eine neue Ebene. Zu diesen Aktivitäten zählen etwa das gemeinsam mit dem Stifterverband durchgeführte Fellowship-Programm für Innovationen in der digitalen Lehre, die Initiierung von E-Learning-Angeboten für ein neues Studieneingangsportal NRW und ein hochschulübergreifendes Vorgehen beim Forschungsdatenmanagement. Die Handlungsfelder der Digitalen Hochschule liegen in den Bereichen Lehre, Forschung sowie in Querschnittsthemen wie Infrastruktur und rechtliche Aspekte.
- An den Hochschulen wurde mit der Campus-Cloud „sciebo“ bereits ein nicht-kommerzieller Cloud-Speicherdienst entwickelt, der allen Forschern, Dozenten und Studierenden zum gemeinsamen digitalen Arbeiten zur Verfügung steht. Mit „sciebo“ können die Hochschulen die Vorteile der Cloud nutzen und dabei die Hoheit über Daten und Hardware behalten.
- Das Land stärkt die Forschung im Bereich der IT-Sicherheit über die weitere Unterstützung des Netzwerks „nrw.unITS“, den Ausbau des Horst-Görtz-Instituts und die Entwicklung einer Forschungsagenda mit konkreten Forschungsbedarfen der Zukunft.
5. Fazit
Unsere Vorstellungen und Ziele zum „Lernen im digitalen Wandel“ sind zentraler Baustein einer Gesamtstrategie zur Gestaltung des digitalen Wandels in NRW, denn der digitale Transformationsprozess wird den Trend zur Wissensgesellschaft und wissensgestützten Ökonomie weiter stärken. Digitale Bildung wird dabei helfen, lebenslange Weiterbildung zu stärken und den Leitsatz „Höre nie auf zu lernen“ umzusetzen. Denn die Möglichkeiten der Digitalisierung machen den Zugang zu Bildung leichter und können den Spaß am Lernen fördern.
In der Kultusministerkonferenz verständigen sich die Länder derzeit auf eine gemeinsame Strategie für die „Bildung in der digitalen Welt“, bei der auch Perspektiven der digitalen Infrastruktur und deren Finanzierung behandelt werden. NRW beteiligt sich aktiv an diesen Diskussionsprozessen und hat sich auch bereits bei der Positionierung der Jugend- und Familienministerkonferenz 2015 zum Thema „Aufwachsen mit digitalen Medien“ intensiv eingebracht.
Die Umsetzung unseres Leitbilds vom Lernen im digitalen Wandel kann aber nur als Gemeinschaftsaufgabe und große gemeinschaftliche Herausforderung gelingen. Die Landesregierung wird die kontinuierliche Beteiligung aller Lernenden, Lehrenden, Familien, Kommunen und relevanten Partnern in diesem Prozess zu einer Daueraufgabe machen.
Die Umsetzung dieses Leitbildes ist ein Prozess, der nicht erst vor kurzem begonnen hat und auch nicht schon morgen endet. Wir stehen nicht am Anfang, vieles wurde schon erfolgreich eingeleitet, einiges wird aber auch noch Zeit brauchen.
Die Dynamik des digitalen Wandels erfordert in diesem Umsetzungsprozess eine kontinuierliche Überprüfung unseres Leitbildes und seiner Umsetzungsschritte. Es wird deshalb eine regelmäßige Evaluation geben müssen, die ebenfalls wieder gemeinsam mit allen Beteiligten und Akteuren des gesamten Bildungswegs erfolgen wird.